ADFC-ESSEN: 40 JAHRE JUNG (Teil 1)

Der ADFC Essen wurde am 25. Mai 1984 gegründet und feiert 40-jähriges bestehen

In den 1970er Jahren bildeten sich in zahlreichen Städten lokale Fahrradorganisationen, in Essen war dies 1976 die auch heute noch bestehende „Essener Fahrrad-Initiative“ (EFI). Der „Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club“ (ADFC) als überregionaler Radfahrverband entstand wiederum 1979. Danach bildeten sich aus vielen der lokalen Verbände heraus ADFC-Ortsgruppen. Der ADFC Essen hingegen wurde am 25. Mai 1984 völlig unabhängig von der EFI gegründet. 22 ADFC-Mitglieder waren damals in Essen registriert, heute sind es um die 1.700. Noch im Gründungsjahr entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit der EFI.

Die 1980er Jahre waren die Zeit der „Kernerarbeit“, es galt zunächst sowohl bei Politik und Verwaltung als auch bei den Bürger*innen das Fahrrad grundsätzlich wieder populärer zu machen. Das Wenige, was damals an Radwegen gebaut wurde, entsprach allerdings hinsichtlich der Qualität und Sicherheit bei weitem nicht heutigen Maßstäben. ADFC und EFI präsentierten Ende der 1980er Jahre eine Videodokumentation mit dem Titel „In Essen auf Rädern“, die auch bundesweit für Aufmerksamkeit sorgte. Zudem wurde eine erste Fotoausstellung zum Thema Radverkehr erstellt. Besondere Aufmerksamkeit erzeugte die 1989 bundesweit mit vielen anderen Verbänden durchgeführte Unterschriftenaktion gegen die damals noch äußerst starre Regelung der „Radwegebenutzungspflicht“. 10.000 Unterschriften kamen zusammen, aber erst 1997 wurde die Regelung aufgelockert.

Der Tiefpunkt: Die „Rostige Speiche“

1991 erhielt die Stadt Essen als Quittung für ihre fahrradfeindliche Verkehrspolitik die „Rostige Speiche“ als damals fahrradunfreundlichste Großstadt Deutschlands. Es war das Ergebnis einer Beurteilung durch die auch heute noch regelmäßig vom Bundes-ADFC durchgeführte deutschlandweite Umfrage unter Radler*innen zum Fahrradklima in den jeweiligen Kommunen. Immerhin führte die Negativ-Auszeichnung zu einem Bewusstseinswandel bei der Stadt. Man beauftragte ein externes Ingenieurbüro mit der Konzeption eines gesamtstädtischen Hauptradroutennetzes.

Bezeichnenderweise war justament zu dieser Zeit beim ADFC Essen personell die Luft raus. Lediglich die EFI verfügte über entsprechende Ressourcen, um die sich bietende Gelegenheit aufgreifen zu können, an der Konzeption des Radroutennetzes aktiv mitarbeiten. Es fanden sich aber auch einige neue ADFC-Mitglieder, die sich dabei einbrachten und die auch die „Wiederauferstehung“ des ADFC Essen forcierten. Sie nutzten die 1991/92 durchgeführte bundesweite Neustrukturierung des ADFC dazu, um schließlich am 6. November 1992 aus der Ortsgruppe Essen einen offiziellen Kreisverband zu bilden.

Essen will fahrradfreundliche Stadt werden

1995 wurde das Hauptradroutennetz vom Essener Stadtrat beschlossen. Erste wegweisende Elemente wie geöffnete Einbahnstraßen, Fahrradstraßen, Radfahrstreifen, freigegebene Fußgängerzonen, Fahrradboxen usw. entstanden in jener Zeit. Höhepunkt war die Aufnahme Essens in die „Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte in NRW“ (AGFS). Auch sind in dieser Zeit die ersten Bahntrassen zu Radwegen umgestaltet worden: 1996 die Veltenbahn, 1998 der Gruga-Radweg und 2000 der Zollverein-Radweg. 1999 wurde im Hauptbahnhof die Radstation eröffnet und 1994 der bei der Stadtverwaltung der „Arbeitskreis Radverkehr“ ins Leben gerufen, bei dem neben etlichen Verwaltungsstellen und der Polizei auch ADFC und EFI vertreten sind und der in etwas veränderter Form auch heute noch besteht.

Die 1990er Jahre waren auch die Zeit größerer Aktionen, darunter 1995 das auf einer belebten Straßenkreuzung mit gut 200 Radler*innen gebildete Fahrradpiktogramm sowie 1996 die bis zu diesem Zeitpunkt mit gut 600 Teilnehmer*innen größte Raddemo in Essen. Gemeinsam mit der Stadt veranstaltete man 1995 und 1998 jeweils die Aktion „Radler des Jahres“, im Jahr 2000 dann die Veranstaltungsreihe „Rad und Tat – autofreie Wochen in Essen“. 2001 richteten ADFC und EFI wie schon 10 Jahre zuvor in der VHS eine Podiumsdiskussion zum Thema Radfahren aus. 1998 und dann noch einmal 2005 fertigte der ADFC für die Stadt die 10-teilige Fotoausstellung „Radfahren in Essen“ an. 1999 erschien der erste offizielle Fahrradstadtplan, an dem ADFC und EFI ebenso mitarbeiteten wie bei allen späteren Neuauflagen.

1991 fand erstmals ein von ADFC und EFI gemeinsam mit dem Bildungswerk der Essener AWO ausgerichtetes Radverkehrsseminar statt, was danach Jahr für Jahr im AWO-Bildungshof im münsterländischen Darup seine Fortführung fand. 1992 wurde gemeinsam mit den ADFC-Verbänden Duisburg sowie Mülheim und Oberhausen die Fahrradzeitschrift „RAD im Pott“ gegründet. Der ADFC-Essen leitete von 1998 bis 2007 deren Redaktion, musste danach allerdings mangels personeller Ressourcen die Mitarbeit aufkündigen. 1994 wurde in der Essener Innenstadt zusammen mit anderen Verbänden das „Verkehrs- und Umweltzentrum“ (VUZ) eröffnet, welches seither als offizielle Geschäftsstelle des ADFC Essen fungiert. Seit 1999 ist der ADFC Essen auch im Internet mit einer eigenen Seite vertreten, wenn auch anfangs nur über die Homepage des VUZ. 2001 verliehen schließlich die beiden Radfahrverbände der aus dem Amt scheidenden Umweltdezernentin Eva-Maria Krüger den „Goldenen Lenker“ für ihre Verdienste um den Radverkehr in Essen.

Rückschläge und Konsolidierung

Die Jahrtausendwende brachte mit dem Sieg der CDU bei der Kommunalwahl gewaltige Rückschläge beim Radverkehr mit sich. Die wenigen bislang erzielten Errungenschaften wurden gestoppt und zum Teil sogar rückabgewickelt. Fertige Radverkehrsanlagen wurden demarkiert, die Fahrradstraße am Baldeneysee wieder aufgehoben. Per Ratsbeschluss sollten keine Radfahrstreifen mehr angelegt werden, fertige Planungen verschwanden für etliche Jahre in den Schubladen. Auch die Position des Fahrradbeauftragten wurde abgeschafft. Erst als die AGFS die Stadt Essen zum Rapport bat – ein damals landesweit einmaliger Vorgang – begann man langsam einzulenken.

ADFC und EFI führten weitere spektakulären Aktionen durch, so 2000 den „RadwegeTisch“ am Hauptbahnhof, dann 2003 den „Verkehrstriathlon“ durch bzw. rund um den Grugapark und schließlich 2004 den im Rahmen einer bundesweiten Aktionswoche durchgeführten symbolischen Versuch, im Essener Hauptbahnhof mit einer Fahrradgruppe einen ICE zu „entern“, um auf die dort fehlenden Fahrradmitnahmemöglichkeiten aufmerksam zu machen. 2003 wurde dem ADFC Essen die redaktionelle Federführung bei der inhaltlichen Ausarbeitung der ADFC-Regionalkarte „Ruhrgebiet West“ übertragen, welche dann 2004 erstmals erschien.

Aus der Kommunalwahl 2004 ging ein schwarzgrünes Bündnis hervor, das die restriktive Radverkehrspolitik zunächst gestoppt hat. Allerdings wurde der wiedergewonnenen Gestaltungsspielraum durch die miserable Finanzlage deutlich eingeschränkt. Dennoch gelang es 2005 mit dem „Fahrradfrühling“ ein öffentlichkeitswirksames Programm auf die Beine zu stellen, an dem sich auch ADFC und EFI beteiligten. Ein Ergebnis war die Herausgabe des städtischen Fahrradkalenders, welcher seither jährlich neu aufgelegt wird. Letzteres gilt auch für die seinerzeit entwickelten Faltblätter mit thematisch ausgerichteten Tourenvorschlägen. ADFC und EFI wiederum gelang es die Zahl der geführten Radtouren deutlich zu steigern. 2008 startete erstmals die mit der Essener AWO gemeinsam durchgeführte „RadKultur-Tour“, mit der Radler*innen aus ganz Deutschland sechs Tage lang das Ruhrgebiet näher gebracht wurde und die 12mal bis 2019 stattfand. 2009 wurde das 25-jährige Jubiläum des ADFC Essen mit über 100 Gästen im Grugapark gefeiert, Krönung war ein mit allen Teilnehmer*innen gebildetes Fahrradpiktogramm.

Jörg Brinkmann

Teil 2 folgt in der nächsten Ausgabe der RAD im Pott. Ein umfassender Rückblick über die 40-jährige Geschichte befindet sich auf der Homepage des ADFC Essen unter www.adfc-essen.de.


An dieser Stelle sei noch einmal herzlich zu der Jubiläumsradtour eingeladen, die der ADFC Essen am Samstag, 25. Mai, gemeinsam mit dem ADFC Mülheim-Oberhausen veranstaltet. Gestartet wird um 14:00 Uhr in Essen-Rüttenscheid an der Grugahalle. Zunächst führt die Tour nach Mülheim, bevor es um 16:00 Uhr weiter über den RS1 zur ADFC-Geschäftsstelle in der Essener Innenstadt geht, wo eine kleine gemütliche Abschlussfeier stattfindet.


https://essen.adfc.de/neuigkeit/adfc-essen-40-jahre-jung-teil-1

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