Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Essen e. V.

Beschwerde der Stadt Essen in Sachen Rüttenscheider Straße erfolgreich

Die Stadt darf die für die RÜ angeordneten Verkehrsregelungen vorerst wieder in Vollzug setzen. Das hat das Oberverwaltungsgericht entschieden. Die Beschwerde der Stadt gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen hatte damit Erfolg.

Die Stadt Essen darf die angeordneten Verkehrsregelungen vorerst wieder in Vollzug setzen. © Stadt Essen

Die Rüttenscheider Straße ist seit dem Jahr 2020 eine Fahrradstraße. Die Benutzung mit Kraftfahrzeugen ist aber zugelassen. Unter anderem unter Hinweis auf festgestellte Unfallzahlen ordnete die Stadt Essen im Oktober 2024 Abbiegegebote und Durchfahrtverbote für Kraftfahrzeuge an, um den Kfz-Verkehr zu reduzieren. Hiernach durften Kraftfahrzeuge unter anderem die Kreuzung Rüttenscheider Straße/Klarastraße/Zweigert­straße in südliche Richtung nicht mehr überqueren, sondern mussten nach rechts oder links abbiegen. Nur Radfahrer und Linienbusse durften noch geradeaus fahren. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte die Verkehrsregelung als offensichtlich rechtswidrig bewertet und deshalb dem Antrag einer Ladeninhaberin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattgegeben; zugleich hatte es der Stadt Essen aufgegeben, die Verkehrsschilder bis zur Entscheidung im Klageverfahren zu entfernen oder unkenntlich zu machen, was die Stadt unmittelbar nach Ergehen des Beschlusses veranlasste. Die dagegen erhobene Beschwerde der Stadt Essen hatte jetzt vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts ausgeführt: Ob die angegriffenen verkehrsrechtlichen Maßnahmen rechtmäßig oder rechtswidrig sind, ist derzeit offen. Aus den von der Stadt Essen im Beschwerdeverfahren ergänzend vorgelegten Dokumenten ergeben sich allerdings Anhaltspunkte dafür, dass eine Gefahrenlage, die die Anordnung verkehrsbeschränkender Maßnahmen rechtfertigen kann, vorliegt. Dafür sprechen das für eine Fahrradstraße hohe Verkehrsaufkommen mit Kraftfahrzeugen und zwei von der örtlichen Unfallkommission festgestellte Unfallhäufungsstellen. Die erstmals in einem nachträglich erstellten Vermerk dokumentierte Begründung der verkehrsrechtlichen Anordnung ist nicht offensichtlich ermessensfehlerhaft; etwaige Fehler könnten ggf. noch im gerichtlichen Verfahren korrigiert werden. Die bei offenen Erfolgsaussichten erforderliche offene Interessenabwägung fällt zuungunsten der Antragstellerin aus. Bei Klagen gegen Verkehrszeichen geht das Gesetz grundsätzlich von einem überwiegenden Vollziehungsinteresse aus. Diese dienen der Verkehrssicherheit und damit dem Schutz von Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer. Der zusätzliche Zeitaufwand der Antragstellerin durch notwendige Umwege ist demgegenüber geringer zu gewichten.

Die Entscheidung, ob die Stadt Essen von der hiermit eröffneten Möglichkeit, die seit Januar 2025 abmontierten Verkehrszeichen wieder aufzuhängen, Gebrauch macht oder das Verkehrskonzept zuvor einer nochmaligen inhaltlichen Überprüfung unterzieht, fällt in den weiten Entscheidungsspielraum der Verwaltung.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Aktenzeichen: 8 B 97/25 (I. Instanz: VG Gelsenkirchen ­14 L 2046/24)

Oberbürgermeister Thomas Kufen © Stadt Essen

Oberbürgermeister Thomas Kufen hatte im Januar erklärt, selbst wenn sich die Stadt Essen beim Oberverwaltungsgericht durchsetze, solle sie nicht wieder so gestaltet werden wie Ende 2023 vom Rat beschlossen.

Wir brauchen nach der zurückliegenden Diskussion eine tragfähige Lösung, die Akzeptanz findet

so der Oberbürgermeister.

Durch den Beschluss sieht sich die Stadt Essen darin bestärkt, die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden auf der Rüttenscheider Straße zu verbessern. Zudem wird die Verwaltung die aus dem im Herbst letzten Jahres umgesetzten Verkehrskonzept gesammelten Erfahrungen sowie die Hinweise aus den Bürgerinformationsversammlungen vor dem Hintergrund des aktuellen Beschlusses aufgreifen, um diese in ein zukünftiges Konzept einfließen zu lassen.

 

Dazu EFI-Sprecher Hilmar von dem Bussche:

Das Gericht hat zurecht festgestellt, dass mehrfach Anhaltspunkte für eine Gefahrenlage in der heutigen Verkehrsführung der Rü zu sehen sind, die ihre Ursache insbesondere in einem hohen Verkehrsaufkommen von Kraftfahrzeugen hat.

Auf diese Gefahrenlage muss mit Sofortmaßnahmen reagiert werden, insbesondere um durch eine Reduzierung der Menge des Kfz-Verkehrs Leib und Leben von Fußgängern und Radfahrern zu schützen.

Ein ausgeklügeltes Konzept mit Verbesserungen zur zurückgenommenen Lösung kann die Verwaltung dann immer noch dem Rat vorlegen und nach entsprechendem Beschluss umsetzen.

Der RadEntscheid Essen begrüßt dieses Urteil ausdrücklich.

Es ist gut, dass das Gericht so klar den Schutz der körperlichen Unversehrtheit von Radfahrenden in den Vordergrund stellt – das ist ein wichtiges Signal für alle, die sich auf dem Rad durch Essen bewegen

sagt Marco Hoffmann vom RadEntscheid.

Umso unverständlicher ist es für den RadEntscheid, wenn die Stadt Essen und Oberbürgermeister Thomas Kufen nun eine Wiederherstellung der Regelungen verzögern, wie es die Stellungnahme der Stadt erwarten lässt. Wer trotz bestätigter Gefahrenlage und verfügbarer Lösungen nicht handelt, nimmt erhöhte Risiken für Radfahrende billigend in Kauf. Darüber hinaus untergräbt er demokratische Prozesse und beschädigt das Vertrauen in die bisherige politische Entscheidungsfindung.

Der RadEntscheid Essen fordert den Oberbürgermeister und die Stadtverwaltung daher auf, die angeordneten Maßnahmen nun umgehend wieder umzusetzen – wie es der Rat der Stadt mehrheitlich beschlossen hat und wie es das Gericht erlaubt.


https://essen.adfc.de/neuigkeit/beschwerde-der-stadt-essen-in-sachen-ruettenscheider-strasse-erfolgreich

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