Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Essen e. V.

Verkehrliche Anordnung Rüttenscheider Straße (inkl. Stimmen aus der Politik)

Stellungnahme der Stadt Essen zum aktuellen Beschluss des VG Gelsenkirchen

Die Beschilderung am Rüttenscheider Stern muss wieder entfernt werden. © Stadt Essen

In einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen wurde die verkehrliche Anordnung auf der Fahrradstraße zwischen Rüttenscheider Stern und Martinstraße beklagt. Der Beschluss des VG liegt nun vor und entspricht der Klägerin. Bis zur Klärung im Hauptsacheverfahren muss die beklagte Verkehrsführung mit der entsprechenden Beschilderung auf der Rüttenscheider Straße durch die Stadt ausgesetzt werden.

Diesem Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen kommt die Stadt Essen nach. Oberbürgermeister Thomas Kufen hat entsprechend heute Morgen (22.01.) angeordnet, dass die beklagten Schilder unverzüglich abmontiert werden und die entsprechende Markierung zeitnah entfernt wird.

Gleichzeitig wird die Verwaltung die Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster gegen den VG-Beschluss prüfen lassen. Auch um rechtliche Klarheit zu erlangen, welche Gestaltungs- und Eingriffsmöglichkeiten in den Verkehrsraum und zum Schutz einer Fahrradstraße Politik und Verwaltung überhaupt zugestanden werden.

Das weitere Verfahren wird der Oberbürgermeister mit den Fraktionen und Gruppen im Rat der Stadt Essen abstimmen.

Die Verwaltung wird in den kommenden Tagen und Wochen außerdem die Auswirkungen des beklagten Abschnitts auf der Rüttenscheider Straße auf die Gesamtmaßnahme evaluieren. Die verkehrlichen Anordnungen in Höhe der Martinstraße, Rüttenscheider Straße / Franziskastraße sowie der Manfredstraße im südlichen Teil der Rüttenscheider Straße sowie an der Huyssenallee im nördlichen Teil sind auch weiterhin zu befolgen.


Stimmen dazu aus Politik & Stadtgesellschaft:

 

Oberbürgermeister Thomas Kufen © Moritz Leick, Stadt Essen

Ich sehe mit Sorge, dass die anhaltende und aufgeheizte Diskussion über die Verkehrsführung in Rüttenscheid dazu führt, dass der Einzelhandelsstandort Rüttenscheid immer mehr Schaden nimmt. Daran kann niemand ein Interesse haben

so Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU).

Die immer weiter zunehmende Kompromisslosigkeit bei den Wünschen und Bedarfen der verschiedenen Verkehrsarten erschweren zudem, Möglichkeiten einen Kompromiss und einen Interessenausgleich zwischen Autofahrerinnen und Autofahrern, Radfahrerinnen und Radfahrern, Fußgängerinnen und Fußgängern sowie Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel und Anwohnerschaft zu finden. Das bleibt unsere Aufgabe, deshalb brauchen wir auch die Klarheit der beiden Gerichte.

Fabian Schrumpf, MdL (CDU) © Landtag NRW

Der erneut vorläufig ablehnende Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen lässt weiterhin wichtige rechtliche Fragen offen. Gleichzeitig brauchen alle Beteiligten, insbesondere die Bürgerinnen und Bürger, schnellstmöglich Klarheit. Es ist richtig, dass die Stadtverwaltung den Weg zum Oberverwaltungsgericht in Münster prüft. Dieser Schritt macht jedoch nur dann Sinn, wenn eine realistische Chance besteht, eine möglichst endgültige rechtliche Bewertung zu erhalten. Insbesondere mit Blick auf die eingegangenen Verpflichtungen aus dem Vergleich mit der Deutschen Umwelthilfe könnte das Gericht dann eindeutig klären, wozu die Stadt Essen verpflichtet ist – und wozu nicht. Für uns als CDU-Fraktion bleibt es dabei: Wir werden keine rechtswidrigen oder über den gefundenen Kompromiss hinausgehenden Verkehrsbeschränkungen auf der Rüttenscheider Straße mittragen.

so Fabian Schrumpf MdL, Fraktionsvorsitzender der CDU-Ratsfraktion

Stephan Neumann © Grüne Essen / Anna Muysers

Stephan Neumann, Co-Fraktionsvorsitzender der Ratsfraktion der Grünen:

Die Rüttenscheider Straße als Fahrradstraße einzurichten, ist Teil des gerichtlichen Vergleichs zwischen der Stadt Essen, des Landes NRW und der Deutschen Umwelthilfe, um Dieselfahrverbote abzuwenden. Hintergrund dafür ist die bis heute anhaltende Überschreitung der Abgas-Grenzwerte in Essen und damit der Gesundheitsgefährdung unserer Bürgerinnen und Bürger. Deshalb ist es unsere politische Aufgabe, den Verkehr so zu reduzieren, dass auf der Rüttenscheider Straße nur die für eine Fahrradstraße übliche Anzahl von Autos verkehrt. Deswegen hat der Rat der Stadt Essen als politischen Kompromiss ein Konzept für eine Beschränkung des Durchgangverkehrs durch verschiedene Abbiegegebote beschlossen.

Sandra Schumacher © Grüne Essen

Sandra Schumacher, Co-Fraktionsvorsitzende der Ratsfraktion der Grünen:

Wir begrüßen, dass die Verwaltung nun prüft, gegen das Urteil Beschwerde einzulegen, denn das Urteil wirft viele grundsätzliche Fragen zu verkehrlichen Maßnahmen auf. Wir Grünen stehen für eine Verkehrspolitik, die die Sicherheit und Gesundheit aller Verkehrsteilnehmenden berücksichtigt. Auf der Rüttenscheider Straße war und ist dies nicht der Fall. Rüttenscheid braucht ein funktionierendes und rechtssicheres Gesamtkonzept - dafür setzen wir uns auch zukünftig weiter ein.

Ingo Vogel, Vorsitzender der SPD-Fraktion © SPD Essen

Nachdem die Stadtverwaltung bereits am Übergang der Huyssenallee in die Rüttenscheider Straße notdürftige Flickschusterei betrieben hat, damit die ohnehin auf tönernen Füßen stehende neue Verkehrsführung auf der „Rü“ überhaupt bestehen bleiben kann, folgte nun die zweite Niederlage vor Gericht. Die Abbiegezwänge am Rüttenscheider Stern, eine weitere wacklige Säule des verkehrsplanerischen Kartenhauses von Schwarz-Grün und Oberbürgermeister Thomas Kufen, müssen weg. Kein Wunder, immerhin spielte die Rechtssicherheit der unterschiedlichen Varianten bei der Beauftragung des Verkehrsgutachters überhaupt keine Rolle, gab die Stadtspitze auf Anfrage der SPD-Ratsfraktion schmallippig zu.

kritisiert Ingo Vogel, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Essen.

Dieses Hin und Her verunsichert die Bürgerinnen und Bürger ungemein, es ist schlechte Presse für unsere Stadt und es kostet bares Geld. Der Rückbau an der Huyssenallee hat über 20.000 Euro gekostet! Das ist ein verantwortungsloser Umgang mit Steuergeldern!

Julia Klewin © SPD Essen

Eine Straße und schon die zweite Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in Folge. Wäre die Stadt Essen ein Fußballverein, hätten die Verantwortlichen Coach Kufen schon längst entlassen. Jedoch wollen wir mit einer Lösung für die Rüttenscheider Straße nicht bis zu den Kommunalwahlen im September warten. Deshalb erneuert die Essener Ratsfraktion ihre Forderung nach einer kompletten Neuplanung der Rüttenscheider Straße, unter Einbezug aller betroffenen Akteure. In diesem Zuge könnten fruchtbare Lösungsvorschläge, wie etwa die Umsetzung eines sogenannten Verkehrsberuhigten Geschäftsbereichs und eine Anpassung der Führung der Fahrradachse B neu diskutiert werden, auch mit der deutschen Umwelthilfe.

schlägt Julia Klewin, ordnungspolitische Sprecherin und Rüttenscheider Ratsfrau der SPD-Fraktion, vor. 

Wir brauchen einen Stift und ein weißes Blatt Papier, wir brauchen einen Neustart.

Heino Sahling (RadEntscheid Essen) © privat

Die Stadt muss ihre Hausaufgaben machen und die Maßnahmen rechtlich wasserdicht ausarbeiten.

erklärt Heino Sahling, Sprecher des RadEntscheid Essen

Laut StVO lässt sich eine reine Fahrradstraße relativ einfach einrichten. Mit den Abbiegegeboten wollte die Stadt Essen dafür sorgen, dass auf dieser Fahrradstraße nicht zu viele Autos unterwegs sind – und muss dafür laut Gericht eine qualifizierte Gefahrenlage nachweisen. Auf einer Fahrradstraße, auf der Kfz eigentlich nur ausnahmsweise erlaubt sind. Das ist doch absurd!

Essen braucht mutige Entscheidungen für die Mobilitätswende, keine halbherzigen Maßnahmen, die vor Gericht scheitern. Wir erwarten von der Stadt eine klare Strategie und den politischen Willen, die Verkehrswende voranzutreiben!

Ein Scheitern im Kommunalwahljahr wäre peinlich für die Stadtspitze!

 

Hans-Peter Schöneweiß © FDP Essen

Die bisherigen Maßnahmen haben allein aus politischem Kalkül zu erheblichen Problemen geführt, die sowohl von der Stadtverwaltung als auch von der politischen Gestaltungskooperation aus CDU und Grünen billigend in Kauf genommen wurden.

Die wiederholte Niederlage vor Gericht ist der letzte Weckruf. Es ist nicht hinnehmbar, dass auf Kosten der Anwohner und Gewerbe­treibenden ein umstrittenes Prestige­projekt der Grünen gegen den klaren Willen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger durchgesetzt wurde. Die Abbiegezwänge und die damit verbundene Verkehrsführung haben die Lebensqualität und die wirtschaftliche Situation der Menschen in Rüttenscheid massiv verschlechtert.

Hans-Peter Schöneweiß, Fraktionsvorsitzender der Essener FDP

Eduard Schreyer © FDP Essen

Das Ziel, den Autoverkehr von der Rüttenscheider Straße zu verdrängen, hat nicht nur die Verkehrsströme ineffizienter gestaltet, sondern auch, so wie wir es stets vorausgesehen haben, zu unübersichtlicher und gefährlicher Verkehrsführung geführt – mit gravierenden Folgen für die Sicherheit und Lebensqualität vor Ort.

Wir sollten nicht länger zusehen, wie die Bedürfnisse der Rüttenscheider und ihrer Geschäfte in den Hintergrund gedrängt werden und ein noch gut funktionierender Stadtteil abgewirtschaftet wird. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist ein klarer Hinweis darauf, dass die bisherigen Maßnahmen rechtlich fragwürdig und verkehrstechnisch nicht zielführend sind. Es ist an der Zeit, den Fehler zu korrigieren und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

ergänzt Ratsherr Eduard Schreyer, verkehrspolitischer Sprecher der FDP Essen

Heike Kretschmer © Die LINKE Essen

Die Situation auf der Rü ist seit der Einrichtung der Fahrradstraße für Fahrrad- und Autofahrer schlechter geworden

so Heike Kretschmer, Fraktionsvorsitzende der Linken im Rat.

Alle Gutachter hatten vorher gesagt, dass das Projekt nur funktionieren kann, wenn Autoverkehr aus der Straße herausgenommen wird. Darüber hat sich die Verwaltungsspitze jedoch hinweggesetzt - und das lag unseres Wissens nicht an der Verkehrsdezernentin. Die erst vor wenigen Monaten eingeführten Abbiegeverbote sollten diese Entlastung vom Autoverkehr nun bringen, sind aber zu kompliziert und wenig nachvollziehbar und von der Verwaltung offenbar schlecht begründet worden. Wir können trotzdem nicht nachvollziehen, dass das Gericht in keiner Weise berücksichtigt hat, dass die Einrichtung der Fahrradstraße letzten Endes auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe zurückzuführen ist und auf einem Vergleich mit diesem Verband beruht. Wir werden uns das Urteil des Verwaltungsgerichts gut ansehen, sind aber der Meinung, dass die Stadt in jedem Fall in die zweite Instanz gehen sollte. Nur dadurch kann Rechtssicherheit hergestellt werden.

Wir sind nach wie vor der Meinung, dass dies die beste Lösung wäre,

so Heike Kretschmer weiter.

Die Geschäfte wären so gut weiter zu erreichen, gleichzeitig würde die Befahrbarkeit der Straße erhöht. Der reine Durchgangsverkehr müsste halt über die Alfredstraße fahren, was ja nun wirklich kein großer Umweg wäre.

Kai Hemsteeg © EBB

Die neue Verkehrsregelung ist ein kompletter Fehlschlag, was nun doppelt gerichtlich bestätigt worden ist,

so Kai Hemsteeg, Fraktionsvorsitzender des EBB-FW.

Anstatt den Verkehr zu entlasten, hat die Stadt ein Nadelöhr geschaffen, das zu noch mehr Staus und Ärger führt. Radfahrer, Autofahrer und Fußgänger sind gleichermaßen frustriert und verunsichert.

Jörg Küpperfahrenberg © EBB

Jörg Küpperfahrenberg, OB-Kandidat des EBB-FW, zeigt sich ebenfalls empört:

Allerorts höre ich Beschwerden von Bürgern und Geschäftsinhabern über die Regelung an der Rüttenscheider Straße. Gut, dass die gerichtlichen Entscheidungen dem Unsinn im Rathaus einen Riegel vorschieben. Die realitätsfremden, sowie umweltideologischen Entscheidungen von CDU/ Grünen sind nun mehrfach gerichtlich verboten worden. Es wird nun Zeit, dass wieder vernünftige, bürgernahe Entscheidungen im Rathaus gefällt werden, die den Bürgern und Unternehmen nutzen und nicht schaden.

https://essen.adfc.de/neuigkeit/verkehrliche-anordnung-ruettenscheider-strasse

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